GPSinfradat – Videobasierte Streckendatenerfassung mit GNSS

GPSinfradat-Meßfahrt im Katzenbergtunnel
GPSinfradat-Meßfahrt im Katzenbergtunnel

Infrastrukturbezogene Daten werden bei den Eisenbahn-Infrastruktur-Betreibern in vielfältigster Form vorgehalten. Die Spanne reicht vom klassischen Gleisplan eines Bahnhofes über vertriebsrelevante Streckendaten wie z.B. Angaben zum verfügbaren Lichtraumprofil bis hin zu Signallageplänen oder auch den Zugstraßentabellen eines Stellwerks, auf die teilweise auch die EVU per Internet Zugriff haben.

Sucht man (z. B. der verantwortliche Infrastrukturplaner) aber nach einer Möglichkeit, vorhandene Infrastrukturdaten zu visualisieren, um sich zu planerischen Zwecken ein räumliches Bild der Gleisanlage zu verschaffen, war man bis vor wenigen Jahren auf Führerstandsmitfahrten oder Begehungen angewiesen und auf sein eigenes Vermögen, das Gesehene bestmöglich zu erfassen und zu dokumentieren. Mit Einzug der Videotechnik behalf man sich oftmals mit einer händischen Abfilmung des Streckenabschnitts, zumal auch die inzwischen verfügbaren Internetanwendungen zwar verwendbare (wenn auch nicht immer aktuelle) Bilder in der Draufsicht bieten, jedoch - im Gegensatz zur Straßeninfrastruktur - keinen Blick in die Horizontale erlauben.

Seit einiger Zeit sind verschiedene Anwendungen im Einsatz, die – mit unterschiedlicher Herkunft und Zielrichtung – die visuelle Darstellung der Infrastruktur mit einer topographischen Streckenabbildung verknüpfen. Das System GPSinfradat hat inzwischen sicher die größte Verbreitung gefunden und bietet zudem den Vorteil einer exakten, satellitengestützten Verortung der Infrastrukturpunkte. Ergänzt um zusätzliche Sensorik zum Ausgleich der im Tunnel fehlenden Satellitenverbindung kam es auch im Katzenbergtunnel zur Anwendung.

GPSinfradat hat seine Wurzeln in einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Verkehrsinstitutes Dresden, in welchem es um die Bahnsteigsicherung bei automatisiertem Betrieb ging. Aus den dabei entwickelten Komponenten entstand in den Folgejahren bei Bahnkonzept eine Anwendung, welche die drei Komponenten videogestützte Streckenaufnahme, GNSS-gestützte Positionsbestimmung und visuell-digitale Infrastrukturerfassung miteinander verknüpfte. Von Anfang an wurde das System sehr praxisorientiert ausgelegt, so ist dank der kurzen Aufrüstzeit der transportablen Meßeinrichtung eine Aufnahmefahrt mit Regelzügen kein Problem und wird in vielen Projekten auf stark belegten Strecken und/oder zur Kostendämpfung angewendet.

Die Komponenten der Messeinrichtung bestehen aus witterungsbeständigen Kameras mit angepassten GNSS-Ortungsgeräten und einer speziellen Inertialsensorik, welche über eine hauseigene Software zur eisenbahnspezifischen Sensordatenfusion gesteuert wird. Die eigens für die Anwendung entwickelte Mensch-Maschine-Schnittstelle verlangt nach einer gewissen Fachkenntnis im Bahnbetrieb, ist ansonsten jedoch einfach zu handhaben. Wichtige Infrastrukturpunkte können auf einem Messtableau zu den automatisch erfassten Werten wie Position und Höhe hinzugefügt werden. Durch die genaue Zuordnung der Infrastrukturpunkte zum Streckenband ist es später möglich, ohne Suchaufwand zu einem konkreten Punkt und dem zugehörigen Videobild zu „springen“. In die erzeugte Streckendatei sind im Nachgang beliebige Daten aus Betrieb und Instandhaltung einfügbar – neben Textfeldern sind vor allem neue Signalstandorte zu nennen.

Einsatzmöglichkeiten

Die weiteren Einsatzmöglichkeiten von GPSinfradat sind vielfältig, es seien hier einige Beispiele genannt:

  1. Dokumentation des Bestandes und einfache Möglichkeit der Inaugenscheinnahme von Problempunkten (z.B. BÜ) und des allgemeinen Infrastrukturzustands
  2. Verwendung im Dienstunterricht für Tf. (Problemschwerpunkte, Fahrdynamik)
  3. Dokumentation und Qualitätskontrolle des Streckenzustandes (z.B. Erkennbarkeit von Signalen, Vegetationspflege/Grünschnitt, Randwege)
  4. Optimierungsbetrachtungen für existierende Infrastruktur („Streckenbefahrungen“ vom Schreibtisch, VzG-Plausibilisierung)
  5. Planungsbegleitung für Umbaumaßnahmen (Aufgabenstellungen, Signalsichten an neuen Signalstandorten, Überprüfungsmöglichkeit von erstellten Planungen auf Plausibilität)
  6. Dokumentation von neu erstellten Anlagen gegenüber Auftraggebern, Finanzierungsgebern und Behörden
  7. Simulation von neuer Stellwerkstechnik auf Videos von Bestandsstrecken

Bei der GPSinfradat-Weiterentwicklung VIDINS wurde die Möglichkeit geschaffen, an jedem Signal dessen verschiedene Signalbilder zu simulieren und (z. B. durch einen Ausbilder) händisch ansteuern zu lassen. Dies erscheint ausbaubar, z. B. auch für Inbetriebnahmen von ESTW in größeren Knoten. Voraussetzung dafür ist lediglich die rechtzeitige digitale Visualisierung der (künftigen) Fahrmöglichkeiten – die neuen Hauptsignale müssen dabei noch nicht errichtet sein, sondern können nachträglich per Computer eingefügt werden – und das Vorliegen der sicherungstechnischen Planungen. Damit wäre eine neue Qualität in der betrieblichen Vorbereitung von Inbetriebnahmen erreichbar.

Mit dem System GPSinfradat steht somit für die Eisenbahninfrastruktur eine Anwendung zur digitalen Streckenvisualisierung zur Verfügung, die über ein breites Nutzensspektrum von der Infrastrukturplanung bis hin zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung verfügt und zudem relativ schnell und kostengünstig zum Einsatz kommen kann.

Videobasierte Streckenkunde für SPNV-Betriebsaufnahmen

Wir haben bereits eine Vielzahl von SPNV-Betriebsaufnahmen mit unserem System GPSinfradat begleitet: